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Sicher kennt jeder, der sich in Weipert ein bißchen auskennt, die schöne Villa in der ehemaligen Annaberger Straße unterhalb der Kirche, in der sich heute die Weiperter Apotheke befindet. Ebenso das Speiselokal "Pod Lipami" (unter den Linden) gleich daneben. Aber nur noch ganz wenigen wird bekannt sein, dass beide Gebäude einst zur 1760 gegründeten ersten Weiperter Posamentenfabrik "W.Schmidl & Söhne" gehörten.

Anfangs wurde im Gebäude Nr. 309 produziert. Hierbei handelt es sich um die Alte Post, welche vom Firmengründer Rupert Schmidl, der auch Weiperter Filialpostmeiter war, im Jahre 1787 selbst erbaut wurde. Ab 1814 fand man die Erzeugnisse der Söhne Rupert und Wenzel Schmidl bereits in Wien und Graz. Schon im Jahre 1824 wurde in Wien eine Zweigniederlassung errichtet. 1856 kamen die ersten Klöppelmaschinen zum Einsatz. Ab 1860 wurden Glasperlen aus Venedig, später aus Gablonz, kunstfertig verarbeitet. Viele neue Erzeugnisse entstanden und wurden massenweise nach England geliefert. Das Geschäft florierte und man exportierte in nahezu alle europäischen Länder sowie nach Indien und Amerika. Die Erzeugnisse der Firma wurden auf Weltausstellungen in Wien, London und Philadelphia prämiert.

Damit der Betrieb konkurrenzfähig blieb, musste ständig in neue Maschinen investiert werden. Da die alte Post als Fabrikgebäude längst zu klein geworden war, zog die Firma in die Rohrschmiede in der Joachimsthaler Straße 354 um. Als dieses Gebäude abbrannte, entschloss man sich 1884 zum Bau einer ganz neuen Fabrik in der Annaberger Straße 675 neben der eingangs dieses Berichtes ewähnten representativen Villa.

Als erste Weiperter Firma führte "W. Schmidl & Söhne" 1890 elektrisches Licht in den Arbeits- und Geschäftsräumen ein. Zwei Jahre später wurden für die Arbeiter eine Unterstützungskasse und für die Angestellten ein Pensionsfonds gegründet. Die in den Fabriken beschäftigten Arbeiter, die dem Unternehmen oft viele Jahre treu blieben, kamen außer aus Weipert auch aus Schmiedeberg, Köstelwald, Kupferberg und Steingrün. Für die Erzeugung von Posamenten waren auch Heimarbeiter erforderlich, die vor allem in Neugeschrei zu Hause waren.

Noch 1908 wurde die Fabrik in der Annaberger Straße um zwei Stockwerke und ein Treppenhaus erweitert. Aber bereits 1912 wurden die Aufträge knapper und es kam zu Entlassungen. Der erste Weltkrieg verschlimmerte die Lage dann noch weiter. Nach 1918 erholte sich die Firma nur langsam. Bis zu dem Zeitpunkt wurden überwiegend Artikel zur Verzierung von Kleidern und Uniformen produziert. Danach wurden mehr und mehr Verzierungen für Möbel, Lampenschirme, Gardinen und Teppiche ezeugt.

Der letzte Firmenleiter, der den Betrieb bis zu seiner Einberufung im Jahre 1939 führte, war Emil Schmidl. Während des 2. Weltkrieges übernahm seine Mutter Bertha Schmidl, geb. Kreuzig, die Leitung. Emil Schmidl verstarb 1958 im Alter von 49 Jahren in Villach in Kärnten. Seine Mutter folgte ihm nur ein halbes Jahr später in Wuppertal nach.

Falls Sie also demnächst in Weipert wieder einmal etwas aus der Apotheke benötigen oder im Gasthaus "Pod Lipami" gut speisen wollen, bedenken Sie bitte, welche wechselvolle Geschichte die beiden Gebäude im Dienste der ältesten Weiperter Posamentenfabrik hinter sich haben.

Firma W. Schmidl & Söhne

Posamenten