Die Vorbereitung auf den letztjährigen Lichtlohmd in Amorbach und zwei wunderschöne Leihgaben unseres aus Neugeschrei stammenden Freundes Helmut Schmelz waren es, die uns inspirierten, etwas in der Industriegeschichte von Weipert zu stöbern.
Helmut Schmelz stellte uns für den letzten Lichtlohmd dankenswerterweise zwei Papierkrippen zur Verfügung. Eine dieser Krippen wurde in der Papierfabrik Brauer & Gutberlet hergestellt, die zweite bei der Firma Kunze & Co. Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts waren diese Weiperter Firmen, die beide ihren Ursprung in Annaberg/Buchholz hatten, sehr erfolgreich und weltbekannt. Unsere Recherchen führten uns zu Heinz Schmidt-Bachem, der ein 1000-seitiges Buch über die Kultur- und Wirtschaftsgeschichte der Papier verarbeitenden Industrie schrieb. Aus diesem Buch mit dem Titel "Aus Papier" stammen die meisten unserer Informationen.
Annaberg Buchholz wurde in den 1880er Jahren als die "Metropole der Papp-Präge-Industrie" bezeichnet. Gründer dieser Branche war Friedrich Oskar Brauer, der 1861 in Buchholz eine Handfabrikation zur Herstellung von Sargverzierungen aus Pappe eröffnete. Der gelernte Buchbinder Brauer hatte eine Prägetechnik entwickelt, mit der zu der Zeit die Fabrikation von Papp-Prägeartikeln deutlich erweitert werden konnte. Lampenschirme, Blumentopfhüllen, Fröbelspitzen, Kalenderrückwände, verschiedene Reklameartikel und vieles mehr konnte nun hergestellt werden. Schon damals exportierte die Firma Brauer nach ganz Europa, Nord-Mittel- und Südamerika, bis nach Japan und Australien. 1891 wurde Brauer mit dem Titel "Königlich Sächsischer Kommerzienrat" ausgezeichnet. Auch wurden von ihm viel Stiftungen eingerichtet.
1864 gründete der Knopfmacher und Kaufmann Heinrich Wilhelm Gutberlet ebenfalls in Buchholz das Unternehmen "Fabrikation geprägter Pappwaren, Gravieranstalt und Accidenzdruckerei". Sein Teilhaber und Mitbegründer Eli Uhlig übernahm bald die Papp-produktion und führte den Betrieb nach Gutberlets Tod im Jahre 1893 weiter.
1906 errichteten diie beiden Unternehmer Oskar Brauer und Eli Uhlig im Weiperter Ortsteil Grund die Firma "Brauer & Gutberlet. Mit etwa 250 Mitarbeitern wurden hier Reklameartikel, Wandtaschen, Kalenderrückwände, Puppenspielwaren, Postkartenständer, Passepartouts, Weihnachtskrippen (eben auch die von Helmut Schmelz) und diverse Haushaltsgegenstände aus Pappe hergestellt. Auch die Firma Brauer & Gutberlet exportierte ihre Artikel weltweit.
Die Weltwirtschaftskrise in den 1920er Jahren sowie die politischen Wirren der 30er Jahre führten zu starken Umsatzeinbußen, da der Export fast völlig weggebrochen ist. Wohl Anfang der 50er Jahre wurden die Weiperter Firmengebäude abgerissen, da sie sich im Grenzsperrgebiet befanden. Die Firmenteile in Buchholz wurden 1953 "Volkseigene Betriebe". Aber auch dort wurde die Herstellung von Pappartikeln nach dem Aufkommen von Plastikmaterialien Anfang der 60er Jahre komplett eingestellt.
Wer uns zur Firma Brauer & Gutberlet noch Informationen liefern kann oder persönliche Erfahrungen mit ihr gemacht hat, möge uns diese doch bitte mitteilen. Falls noch jemand von Ihnen Gegenstände hat, die in der Weiperter Fabrik hergestellt wurden, der darf sich gerne an uns wenden. Schon Bilder dieser Erzeugnisse wären eine Bereichung für unser Weiperter Heimatmuseum in Gunzenhausen.